SRAM-Getriebemotor-Patent Kommt Konkurrenz oder Blockade?

SRAM hat erneut ein Patent veröffentlich, das einen Getriebemotor zeigt. Bereits im April 2024 und im März diesen Jahres, hatte der Branchenriese Motorpatente veröffentlicht, die sich im Wesentlichen jedoch um einen Zykloidmotor drehen. Das neue Patent zeigt einen Getriebemotor und damit eine Richtung, die nicht unbedingt in Einklang zu SRAMs Kerngeschäft steht.
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US Patent 2025/0388290 A1 – Was steht drin?

Die Innovationen

✅ Mehrgang-Antriebseinheit für E-Bikes mit integrierter Getriebelösung
✅ Mehrere schaltbare Übersetzungsverhältnisse innerhalb einer kompakten Antriebseinheit
✅ Integration von Motor und Getriebe in einem geschlossenen System
✅ Verbesserte Energieeffizienz durch optimierte Drehmomentübertragung
✅ Reduzierter Verschleiß gegenüber klassischen Ketten- oder Nabenschaltungen
✅ Automatische oder halbautomatische Gangwechsel möglich
✅ Optimierte Kraftübertragung bei Steigungen und hoher Last
✅ Reduzierter Wartungsaufwand durch gekapselte Konstruktion
✅ Verbesserter Fahrkomfort durch gleichmäßige Leistungsabgabe

Ist das der neue SRAM Powertrain oder Geartrain?
# Ist das der neue SRAM Powertrain oder Geartrain? – SRAM ist bekannt dafür Innovationsführer zu sein – zumindest im Bereich der Schaltung. Im E-Bike-Bereich fehlte dem Unternehmen bisher die Durchschlagskraft.

SRAM baut sein Patent um eine Mittelmotor-Bauweise mit klassischem Motorgehäuse auf, das über mehrere Montagepunkte im Rahmen verbaut wird. Entgegen dem Patent aus 2024 ist ein Akku nicht direkt angeschlossen. Die gekapselte Bauweise bringt natürlich mehrere Vorteile mit sich: Der Motor und die Schaltung sind vor äußeren Einflüssen geschützt, sollten bis auf Abrieb des Innenlebens keine Verschmutzung sehen und so sehr verschleißarm arbeiten.

Der Mittelmotor sitzt gekapselt in seinem Gehäuse und vereint Getriebe und Antrieb.
# Der Mittelmotor sitzt gekapselt in seinem Gehäuse und vereint Getriebe und Antrieb. – Von links nach rechts dürfte die Kurbelwelle, die Zwischenwelle und dann die Motoreinheit untergebracht sein.
Die gegenüberliegende Ansicht des Gehäuses zeigt die Bauraum-Entkopplung von E-Antrieb und Getriebe.
# Die gegenüberliegende Ansicht des Gehäuses zeigt die Bauraum-Entkopplung von E-Antrieb und Getriebe. – Schmieröl im E-Antrieb wäre sicherlich nicht so gut.

Die Kombination des gekapselten Systems mit einem Zahnriemen schafft hier weitere Vorteile im außenliegenden Bereich: Auch der Zahnriemen braucht wenig Pflege, ist jedoch schwieriger zu führen und zu spannen als eine Kette und deutlich anfälliger auf Schräglauf.

Zurück zum Innenleben:
Der Motor (804) sitzt oben bzw. in Fahrtrichtung vorne im Gehäuse und wird über eine Zwischenwelle mit der Kurbelwelle verbunden. In der Zwischenwelle spielt sich ein Großteil der Magie ab: eine Nockenwelle sorgt hier für die Schaltvorgänge. Diese Nockenwelle sitzt konzentrisch in der Zwischenwelle und wird über einen Stellmotor rotiert. Mit Rotation der Nockenwelle scheinen zwei sich gegenüberliegende Sperrklinken gegen das entsprechende Zahnrad geschoben zu werden, um die Kraftübertragung zu gewährleisten.

Gehäuse und Lagerung zeigen die Abdichtung des Systems nach außen. Die Vielzahl an Lagern bringt definitiv etwas Gewicht mit sich.
# Gehäuse und Lagerung zeigen die Abdichtung des Systems nach außen. Die Vielzahl an Lagern bringt definitiv etwas Gewicht mit sich.
Das Getriebe selbst kommt mit 6 Getriebepaarungen und der Antriebspaarung.
# Das Getriebe selbst kommt mit 6 Getriebepaarungen und der Antriebspaarung.
In der Zwischenwelle sitzt der Stellmotor, der die Gänge schaltet und die Nockenwelle relativ zur Zwischenwelle rotiert.
# In der Zwischenwelle sitzt der Stellmotor, der die Gänge schaltet und die Nockenwelle relativ zur Zwischenwelle rotiert.
Die Nockenwelle ist fürs Schalten zwischen den Gängen zuständig.
# Die Nockenwelle ist fürs Schalten zwischen den Gängen zuständig.
Das Gehäuse hat Öffnungen für die Sperrklinken.
# Das Gehäuse hat Öffnungen für die Sperrklinken.
So sehen die Sperrklinken selbst aus.
# So sehen die Sperrklinken selbst aus.
Where the magic happens...
# Where the magic happens...

Während die starke Verschachtelung auch Vorteile mitbringt, gibt es auch Nachteile: Effizienzverluste. Diese fallen am E-MTB natürlich wesentlich weniger stark ins Gewicht, setzen aber auch einen kraftvollen Motor voraus. Da SRAM bisher keine eigene Motorhardware entwickelt hat, könnte dieser Schritt für das Unternehmen durchaus ein größerer sein. Fraglich ist, ob gegebenenfalls ein Technologie-Partner zur Seite steht.

Auch ein eigenes Getriebe hat SRAM bisher nur in Naben verbaut, hier dürfte der Transfer jedoch machbar sein. Im Beispiel sind 6 Zahnradpaare für 12 Gänge zuständig, womit nur ein großer Gangsprung zwischen den 1:1 und 0,41:1 übersetzten Primärritzel stattfinden sollte. Die Gesamtübersetzung bewegt sich von 1:1 bis 0,198:1, liegt also bei knapp über 500 % und ist damit weitestgehend synchron zu aktuellen Mountainbike-Antrieben. Mit der Einführung der Transmission-Schaltung hat SRAM auch erstmals seit der Einführung von 11-fach-Schaltungen wieder an den Gangsprüngen gearbeitet und diese insgesamt harmonischer verteilt. Einen ähnlichen Weg scheint man nun beim Getriebe zu gehen, das mit recht kleinen und gleichmäßigen Sprüngen arbeitet.

Gesamtübersetzung der Patentanmeldung.
# Gesamtübersetzung der Patentanmeldung.
Harmonische Gangsprünge zwischen den Getriebepaarungen.
# Harmonische Gangsprünge zwischen den Getriebepaarungen.

Eine Einbindung in den AXS-Kosmos ist nicht nur denkbar, sondern sehr wahrscheinlich. Mit dem Getriebemotor fällt auf jeden Fall ein Akku weg. Einer der Hauptkritikpunkte an der aktuellen AXS-Baureihe ist, dass man am E-MTB immer noch eine handvoll Akkus laden muss, wenn man auf Sattelstütze und Fahrwerk zurückgreifen möchte. Orbea hat mit dem RS HMI vorgemacht, dass sich auch die elektronische Sattelstütze anbinden lässt – persönlich halte ich diesen Ansatz für super und hoffe, dass auch SRAM sich der Akku-Zentralisierung verschreibt.

Meinung @eMTB-News.de

Dass SRAM seine Marktmacht für strategische Handlungen nutzt, ist seit der Einführung des UDH-Schaltauges bekannt – außerdem wissen wir, dass SRAM sich in der Vergangenheit mit dem Wettbewerb lange Rechtsstreitigkeiten geliefert hat. Dazu passt ein Getriebemotor mit zwölf Gängen nicht unbedingt ins SRAM-Narrativ, das mit dem Transmission-Launch kam. Denkbar wäre also, dass SRAM durch verschiedene Patente Mitbewerber ausbremsen möchte, die das Kerngeschäft Kettenschaltung attackieren. Auf der anderen Seite: Die ZIV-Zahlen zeigen es eindeutig: Dem E-Bike gehört die Zukunft, als Innovationstreiber erwartet man von SRAM definitiv Innovation auf diesem Gebiet – und die Kombination von Motor und Schaltgetriebe in einem Bauteil ist äußerst vielversprechend. SRAM hat hier seit der Powertrain-Einführung wenige Erfolge feiern können, früher oder später wird es hier definitv Neuerungen geben.

Ob das SRAM-E-MTB der Zukunft komplett auf eine Kettenschaltung verzichtet? Schwer vorstellbar, dass SRAM die Kettenschaltung selbst kannibalisiert.
# Ob das SRAM-E-MTB der Zukunft komplett auf eine Kettenschaltung verzichtet? Schwer vorstellbar, dass SRAM die Kettenschaltung selbst kannibalisiert. – Kompaktere, leichte Getriebe (denke: motorisierte Hammerschmidt) in Kombination mit einer kompakten Kettenschaltung? Das könnte vielleicht eher etwas werden – die Short-Cage-Transmission hat im Downhill-World-Cup ja bereits Premiere gefeiert.

Strategische Blockade oder Blick in die Zukunft – kommt der SRAM-Powertrain-Getriebemotor? Was denkst du?


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