Es gibt Mountainbike-Orte, die die Zeit überdauern. Keine Trends oder Einradsfliegen, sondern echte Klassiker des Trail-Genuss’. Für uns Süddeutsche schnell zu erreichen, ganzjährig ein lohnendes Ziel und eben genug Trails, um immer wieder etwas Neues zu entdecken, sich aber auch gut auszukennen. Denn sind wir mal ehrlich, wir mögen es doch den besten Kaffee des Ortes zu kennen, den Campingplatzbesitzer beim Vornamen und die Linie in der einen Spitzkehre links, wo man innen von der Stufe bleiben muss und so leichter ums Eck kommt.


Wir sind Gewohnheitstiere auf Abenteuersuche. Und so machen wir uns ein bis drei oder vier mal im Jahr auf nach Latsch. Einfach weil es schön und die Trails so unglaublich abwechslungsreich, eng beisammen und die Landschaft in fast jeder Jahreszeit traumhaft ist. Ob an Fasching mit Bodenfrost auf dem Campingplatz und menschenleeren Bergen oder im April, wenn die Apfelblüte ein rosarote Meer auf den Talboden zaubert oder die vielleicht beste Zeit des Jahres, der goldgelbe Herbst mit Törggelen und Kastanienpasta.
Wie das Leben so spielt reisen wir mittlerweile mit Kind und Kegel ins Vinschgau und verbringen die Tage im Schichtbetrieb mal auf den Trails, mal auf dem Spielplatz oder der Eisdiele und mit kompakten Trailtouren, die unser Bikerherz höher schlagen, jedoch nicht allzu lang vom Campingplatz trennen. Die E-Bikes hier mittlerweile das Sportgerät der Wahl. Effiziente Zeitmaschinen, die bereits im Uphill Hirn und Herz fordern und die ehemals tagesfüllenden Touren auf eine gute Halbtagestour begrenzen.

Touren
Obwohl die Äpfel nun im Frühjahr bereits in voller Blüte sind, haben kühle Temperaturen kurz vor Ostern nochmals Schnee in die hohen Berge und hochalpinen Lieblingstouren geschickt. Deshalb verbleiben wir eine Stufe tiefer auf den vielseitigen Trails der Nord- und Südhänge. Viele dieser Touren sind ganzjährig befahrbar und je nach Jahreszeit bietet die Landschaft ein immer anderes Schauspiel. Auf den Touren begleitet uns der Local E-Enduro Racer und Bikeguide Marc Theiner.

Danke seiner unzähligen Kilometer im heimischen Gelände und seiner liebe für’s eMTB und technische Uphills, ist er ein idealer Spielgefährte für uns. Einer, der es gut nachvollziehen kann, wenn man diese eine Uphill Spitzkehre zum 100. Mal probieren möchte und unsere Inspiration für das Hightech-Spezial. Alle Touren sind echtes Enduro Terrain, mit groben Wurzel- und Steinpassagen und der ein oder anderen exponierten Stelle. Vorsicht und Schieben erlaubt.

Trailzauber – Roatbrunn:
Der anspruchsvolle Klassiker am Schattenhang. Wir trailzaubern uns dank der E-Bikes mit flinken Schwüngen durch den moosigen Wald den Schattenhang hinauf. Das Aneinanderreihen der Waalwege ist wie für uns gemacht und ein Aufwärmprogramm wie es im E-Bilderbuch steht, bevor dann der Großteil des Anstiegs auf Schotter empor geht. Jetzt an Ostern liegt auf der Höhe der Latscher Alm noch Schnee, daher biegen wir kurz davor in den Roatbrunn Trail ab. Der obere Teil der Abfahrt ist eher geradlinig und unspektakulär, die darauf folgende Uphill Traverse ist dafür aber umso kniffliger und eine Neuentdeckung für uns. Hier darf auch mal kurz geschoben werden und die ein oder andere Stelle muss sicherlich ein Fuß am Boden Hilfe leisten. Den unteren Hauptteil des Roatbrunn Trails haben wir uns auf alle Fälle verdient.


Zu diesem gelangen wir über ein Stück Barbarossa Flowtrail und eine kleine Schottertraverse. Bei Nässe ist auf alle Fälle Vorsicht geboten, denn mit den Jahren hat sich der Roatbrunn ausgefahren und kann in einigen Passagen sehr rutschig sein. Heute aber genießen wir die kniffligen Steinrinnen, das E-Bike liegt satt und die immer neuen technischen Herausforderungen zaubern uns ein Grinsen auf das Gesicht. Zurück geht’s über den Jägersteig und ein tolles Trailgeschlängel zurück nach Latsch. Nach dem Schneeschock an der Latscher Alm, vor dem uns Marc zwar gewarnt, wir aber nicht zugehört haben, gönnen wir uns ein Spaghetti-Eis im grieschich-römischen Hinterhof der Eisdiele Helene und freuen uns schon auf Morgen. Dann mit einheimischer Begleitung.


Mazoner Alm – Fontana Trail – 8er:
Den vielleicht besten Kaiserschmarrn vor dem Vinschgau Panorama gibt es an der Mazoner Alm. Hierher gelangen wir von Latsch aus über ein paar flowige und knifflige Trailpassagen zum Einstieg und einen langen und steilen Asphalt- und Schotteranstieg ab Tarsch. Der erste und anspruchsvollste Abschnitt des Anstiegs gehört zu Marc’s Trainingsroutine und könnte genauso als Power-Stage im E-Bike Rennen Verwendung finden. Sobald wir den Schotter verlassen und auf eine geradlinige Wurzelautobahn abbiegen, ist die Alm nur noch wenige Meter entfernt. Leider öffnet die Alm Anfang Mai und somit erst kommende Woche.

Wir träumen also vom Schmarrn und was folgt, ist ein erstes abwechslungsreiches Stück der Bike Highline Meran, auf der wir uns peu à peu einem der klassischen, aber oft unbeachteten Trailschmanckerl des Tals nähern. Der Fontana Trail beginnt im oberen Trail noch sehr sanft, aber keine Sorge, ab der Mitte zeigt er sich mit loamigem Untergrund, engen und steilen Kurvenabfolgen und grünen Mooswäldern von seiner allerbesten Seite. Auch wenn deutlich weniger prominten als Tschili oder Holy Hans, der Fontana ist für uns eines der Trail-Highlights im ganzen Vinschgau. An dem Talboden angekommen, sind wir noch lange nicht fertig für heute.



Wir folgen der Etsch für einige Meter zurück nach Kastelbell und gönnen uns einen feinen Kaffee im Cafe Seeber, bevor uns eine versteckte und neu entdeckte Auffahrtsvariante auf die Südseite führt. Mal technisch und mal flowig mit Blick auf das Schloss Kastelbell und die Apfelblüten, aber durchweg steil, meiden wir die Fahrstraße. Wir passieren beeindruckende Felsformationen und steigen voller Zuversicht in den 8er Trail, einen unserer Lieblinge, ein. Der felsige und verblockte Aussichtstrail ist ein wunderbarer Kontrast zum frischen Waldboden von vorhin. Technisch versierte Biker kommen hier voll auf ihre Kosten und finden den Flow zwischen groben Steinfeldern und engen Serpentinen. Die Abfahrt endet direkt am Kreisverkehr oberhalb von Latsch. Perfekt.

Panorama Trail – Aigentrail – Montani:
Der beste Trail des Tals? Der beste überhaupt? Der Panorama Trail schlängelt sich angeberisch mit einer unglaublichen Aussicht am Sonnenhang entlang. Und auch bei Wolken, wie wir sie heute am Osterwochenende vorfinden, macht er einfach nur extrem viel Spaß. Etwas schwindelfrei und sicher im alpinen Gelände sollte man sein, dann steht diesem unvergesslichen Biketag nichts mehr im Weg. Zum Einstieg des Trails kommen wir über den Annaberger Uphill, über etwas weniger Trail, als uns lieb wäre aber immerhin sehr aussichtsreichen Schotter, vorbei am Schloss Annaberg. Die Spuren des Waldbrands von vor einigen Wochen sind hier im Uphill an einige Stellen noch deutlich zu sehen.


Oben angekommen darf man sich im typischen Bergbauernhof Af’Egg 35 eine sympathische Einkehr neben Hochlandrindern gönnen, bevor wir ins Trailvergnügen starten. Achtung, von 10-14 Uhr gehört der Trail den Wanderern. Diese Uhrzeiten sind mit dem Bike zu meiden! Aber auch sonst heißt es, Rücksicht nehmen und entspannt in der eigenen Komfort-Zone rollen. Der Trail ist sehr steil und technisch und kann ähnlich überwältigend sein wie der traumhafte Ausblick. Nach dem Überqueren der Hängebrücke ist es mit dem Panorama Trail auch schon bald vorbei und der Flipsitrail (ehemals Propaintrail) bietet einen flowigeren und kurvenreichen Kontrast.

In Schlanders kann man in die Altstadt in die Bar Cremona abbiegen oder man kehrt auf der Route in Göflan in das stylische Am Platzl Cafe ein. Den altbekannten und allzeit beliebten Aigentrail erreichen wir heute über eine knackige E-Bike Uphill Variante, die durchaus ihre Tücken und auch einige kleine Schiebepassagen hat. (Alternativ kann man auch einfach ab Göflan der Straße bis zum regulären Einsteig des Aigentrails folgen). Zum Abschluss gönnen wir uns die Variante über den Serpentinen Trail an der Burgruine Montani – ein weiterer Klassiker im Vinschgau. Wir lieben das eMTB rund um Latsch und eine Tour wie heute könnte vielseitiger und spaßiger kaum sein.

Latsch EMTB – No-Foot-Challenge – Hightech Spezial:
Bei dieser kleinen extra Tour, oder Challenge, kann unser eMTB Kollege Marc mit dem Grinsen gar nicht mehr aufhören. Denn auch er freut sich, endlich Spielkollegen im Tal zu haben. Als kleine Herausforderung für Youtube gedacht, starten wir zu dieser technischen Runde mit dem Ziel, möglichst immer und alle Füße auf den Pedalen zu lassen. Wer es ausprobieren und die eigenen Bodenkontakte zählen möchte, schaut sich am besten einmal das Video an. Zur Vorbereitung. Die Runde ist extrem kurzweilig und macht super viel Spaß. Wir traizaubern uns erneut, nur etwas wilder hinter Latsch entlang EMTB par excellence.

Die Tour startert über den Trailzauber Richtung Montani, folgt dann aber weiter dem schmaler werdenden Waalweg ins Martelltal und dann zum Morterer Wetterkreuz. Hier zweigen wir auf einen steilen Wanderweg ab, der uns in engen Serpentinen zu einem wunderbaren Aussichtspunkt führt. Die Spitzkehren werden zunehmend anspruchsvoller. Mit zusätzlichen Stufen gewürzt, wird uns irgendwann zu heiß. Max bricht nach 10 Versuchen ab. Marc zieht durch und meistert alle Spitzkehren. Nach einer flowigen Traverse geht es über den Scheibenkofeltrail (Nr. 23) – über viele enge Kehren hinab wieder Richtung Morter. Wir feiern das absolvierte Fahrtraining mit Knödel-Tris und alkoholfreiem Bier im Bierkeller.

Unsere 10 Top Tipps (Danke dir Marc für deinen Input!)
- Die vielleicht besten Knödel: Hofschank Ratschillhof und im Bierkeller das Knödeltris – während die Einkehr im Bierkeller jederzeit nach der Tour einlädt, kann der Ratschillhof weit oben am Südhang auf der Tour angefahren werden
- Der vielleicht beste Kaiserschmarrn: Marzoner Alm – als Einkehr während der Tour oder auch separates Ziel mit Kindern immer einen Ausflug wert
- Schönes Kinderausflugsziel: Goldrainer See mit Spielplatz und Einkehr, Spielplatz Algund (1 Stunde mit dem Rad entlang der Etsch)
- Kompetente Bikeshops: Bikeman in Schlanders, Maxx Bike Eldorado Latsch
- Top Hotels: Goldene Rose Schlanders, Jagdhof in Latsch – der Jagdhof rund um die Familie Pirhofer ist eine Radsport Institution im Tal und der ideale Ort für Bikeferien, Tipps, Leihbikes und die Alkoholfreie-Aperitif-Auswahl sucht im ganzen Tal seines gleichen
- Schöne Cafes: Cafe Greta Laas, Cafe Cremona Schlanders, Rathauscafe Latsch, Cafe am Platzl Göflan – fast schon ein Muss auf jeder Tour, die in Schlanders endet, ist eine Einkehr und ein Auftanken am Platzl, um dann frisch getankt auf dem Aigentrail die Tour abzuschließen
- Urige Alpen: Tarscher Alm und Latscher Alm – im Sommer lassen sich beide Bilderbuch Almen ideal in die Touren einbauen, egal ob vom Sessellift aus oder vom Schotteranstieg wie in Tour 1a
- Shuttleunternehmen: Freeride Vinschgau – beste Abfahrt Tschilli Trail/ Monte Sole und Holy Hansen
- Ausflugstipps für den seltenen Regentag: Wanderung zum Schloss Juval, Schwimmbad Aquaforum in Latsch, Wellness, Frühstücksbrunch und Massage im Hotel Jagdhof
- Campingplätze: Latsch an der Etsch, Goldrain Cevedale
Link zu den Touren auf komoot
Collection:
Latsch EMTB Dreierlei
- Trailzauber – Roatbrunn:
Zur Tour - Marzoner Alm – Fontana Trail – 8er:
Zur Tour - Panorama Trail – Aigentrail – Montani:
Zur Tour - No-Foot-Challenge – Hightech Spezial (Bonus Track):
Zur Tour
Was sagt ihr zu Ines Tourempfehlung – habt ihr vielleicht sogar schon eine gemacht?
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Hier gibt es noch weitere Spot-Checks oder Reise- und Travelstorys:
- Spot-Check Latscher Trail Tris: E-Bike Dreierlei mit Ines Thoma
- Spot-Check Ischgl und Samnaun/Österreich: Die drei Top-Trails im Video
- Trailpark Plešivec – Spot-Check: Naturbelassen, technisch und steil – einfach geil!
- Bike & Hike / Bike & Climb in Ischgl: Mit dem E-Bike zum Wandern – probier doch mal was Neues!
- Travelstory – Oltre Finale / Italien: Das E in Finale steht für Enduro, E-MTB und Extraklasse
2 Kommentare
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Spot-Check Latscher Trail Tris: E-Bike Dreierlei mit Ines Thoma
Was sagt ihr zu Ines Tourempfehlung – habt ihr vielleicht sogar schon eine gemacht?
Schöner Bericht; könnte mein Reisetagebuch sein. Doch einige habe ich tatsächlich noch nicht gefahren; z.B. den Fontana, den 8er...Noch ein Klugscheiss-Hinweis: es heisst Schloss ANNENberg nicht Schloss ANNAberg....
Tolles Video 🥳😎
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