DT Swiss DEG DF – Infos und Preise
Kurz gesagt bezeichnet man als Pedalrückschlag das Phänomen, dass bei vielen vollgefederten Mountainbikes die obere Kettenlänge beim Einfedern wächst. Kann die Kette die Kassette nicht nach vorn abwickeln, hemmt sie die Funktion der Hinterradfederung und sorgt für eine unnötig ruppige Fahrt. Hier gibt’s die ausführliche Pedalrückschlag-Erklärung. Seit der Vorstellung des Ochains (Test) gibt es eine wachsende Anzahl an technischen Zusatzlösungen, die das Problem beseitigen sollen. Allen gemein ist, dass sie das E-Mountainbike technisch komplexer und unter Umständen wartungsintensiver und schwerer machen. Mit dem neuen DEG DF-Freilauf, der als Upgrade-Kit für alle bestehenden DEG-Freiläufe erhältlich ist, will DT Swiss alle Vorteile eines Anti-Pedalrückschlag-Systems ohne irgendeinen technischen Mehraufwand bieten. Neben der regulären DEG DF-Version mit 0°, 10° und 20° Leerweg sowie feinen 90-Zähne-Zahnscheiben gibt’s auch eine Hybrid-Version für E-Bikes, die nur 0° und 10°-Leerweg sowie 60-Zähne-Zahnscheiben bietet. Das Upgrade-Kit kostet 129,90 € ohne Montage-Tool – dieses schlägt mit 40 € zu Buche.
- Leerweg normal: 0°, 10°, 20° | Hybrid: 0°, 10°
- kompatibel mit allen Ratchet DEG-Naben (aktuell 240 & 350) | allen Ratchet DEG Hybrid-eMTB-Naben
- Eingriffswinkel normal 4° (90-Zähne-Ratchet) | Hybrid 6° (60-Zähne-Ratchet)
- erhältlich als Upgrade-Kit mit und ohne Tool
- www.dtswiss.com
- Preise (UVP):
- Upgrade-Kit: 129,90 € (ohne Tool) / 169,90 € (mit Tool)
- Upgrade-Kit Hybrid: 129,90 € (ohne Tool) / 169,90 € (mit Tool)

Im Detail
Seit einigen Jahren ist der Pedalrückschlag in aller Munde. Vor allem beim hart Anbremsen, wenn das Hinterrad fast stillsteht und Kanten oder Bremswellen das Fahrwerk tief in den Federweg zwingen, ist das Phänomen als ruppiges Fahrverhalten wahrnehmbar. Vermeiden lässt es sich, indem man der Kette ermöglicht, zusätzliche Kettenglieder abzuwickeln – entweder am Kettenblatt (Ochain, Rimpact Chain Damper) oder an der Kassette (e*thirteen Sidekick-Test). Mit dem DEG DF-Freilauf stellt DT Swiss nun eine weitere Lösung vor, die es der Kassette am E-Bike erlaubt, sich um 10° nach vorne zu drehen. Zusätzlich gibt es ein 0°-Setting für alle, die auf die Anti-Pedalrückschlag-Eigenschaften zugunsten eines möglichst direkten Antritts verzichten wollen.
Pedal…was? Hier die ausführliche Pedalrückschlag-Erklärung


Die große Besonderheit des DT Swiss DEG DF-Freilauf ist, wie simpel er funktioniert. Jede bestehende Ratchet DEG-Nabe – aktuell wird die 240 und 350-Serie damit angeboten – lässt sich auf das System umrüsten, indem man die beiden Zahnscheiben sowie den Gewindering in der Nabe tauscht. Für letzteren benötigt man ein Spezialwerkzeug, das man einzeln oder im Set mit dem Upgrade-Kit erwerben kann. Der Trick ist, dass die nabenseitige Zahnscheibe drehbeweglich im Gewindering sitzt. Sie kann in drei Positionen befestigt werden, was die drei Leerweg-Optionen ergibt.

Die durch die Federn auf die Zahnscheiben ausgeübte Reibung im Zusammenspiel mit der Bewegung des Freilaufs reicht aus, um die Zahnscheiben beim Rollen sofort zurück in die Ausgangsposition zu bewegen – ohne dass es dafür zusätzliche Bauteile benötigt. Dass die nabenseitige Zahnscheibe nun nicht mehr formschlüssig im Gewindering sitzt, sondern beim initialen Antritt nach vorn gedreht wird, bis sie anstößt, soll keine Haltbarkeitsprobleme erzeugen. Dafür soll die Oberfläche speziell behandelt worden sein. Außerdem kommt die E-Bike-Version ohne 20°-Setting und mit 60 statt 90 Zähnen.

Möchte man zwischen den drei Settings wechseln, muss man das Hinterrad ausbauen und den gesteckten Freilauf abziehen. Anschließend muss man die nabenseitige Zahnscheibe herausnehmen und mit den außenseitigen Nasen in eine der drei unterschiedlich großen Aussparungen im Gewindering einfädeln. Theoretisch lässt sich die Operation auf dem Trail vollziehen. Da dabei jedoch häufig die Ratchets und Federn herausfallen und außerdem ziemlich fettig sind, wird man das wohl kaum machen wollen.
Auf dem Trail
Ich konnte den neuen DEG DF-Freilauf bereits mehrere Wochen lang im MTB-Einsatz testen. Die Eindrücke gelten natürlich auch für den E-MTB-Einsatz. Für den Test hat DT Swiss mir den sehr leichten EXC 1200-Carbon-Laufradsatz mit bereits montiertem DEG DF-Freilauf sowie ein Upgrade-Kit zugeschickt. Wer schon einmal einen DT Swiss Ratchet-Freilauf gewartet hat, kennt das Prozedere. Die einzige Hürde ist der Tausch des Gewinderings in der Nabe, für den es ein optional erhältliches Werkzeug sowie eine Schraubzwinge und etwas Kraft benötigt. Anschließend wird das Ganze einfach zusammengesteckt und es kann schon losgehen. An meinem Specialized Stumpjumper Evo haben die DT Swiss-Laufräder die e*thirteen Grappler Flux Carbon-Laufräder mit Sidekick-Nabe ersetzt, was einen direkten Vergleich ermöglicht.


Zunächst bin ich im für den Enduro- und Downhill-Einsatz empfohlenen 20°-Setting losgefahren. Im ersten Moment fällt vor allem das laute Surren des 60-Zähne-Freilaufs auf, sonst allerdings herzlich wenig. Das ändert sich allerdings im ersten steilen und technischen Anstieg – denn gerade auf besonders großen Ritzeln, sprich kleinen Gängen, ergibt sich ein spürbar großer Leerweg an der Kurbel. Muss man kurz innehalten und dann wieder antreten, tritt man gefühlt die erste viertel Umdrehung ins Leere. Auf moderaten Schotter- oder Asphaltanstiegen ist davon allerdings rein gar nichts zu spüren. Im Vergleich zu Ochain & Co. fällt zudem auf, dass der Freilauf angenehm knackig zugreift, wie bei jeder anderen normalen Nabe eben auch.

Da ich aus meiner Erfahrung mit Ochain und Sidekick bereits wusste, dass das Stumpjumper Evo keinen sehr großen Pedalrückschlag hat – ich bin das Ochain mit 6°, die Sidekick-Nabe mit 12° gefahren – bin ich nach kurzer Zeit ins 10°-Setting gewechselt. Der Umbau ist einfach, aber am besten in der heimischen Werkstatt oder wenigstens auf einem Asphalt-Parkplatz erledigt, um keine Kleinteile zu verlieren oder Dreck in den Freilauf zu bekommen. In diesem Setting bin ich den Rest des Testzeitraums geblieben. In technischen Uphills habe ich den Leerweg so als völlig akzeptabel empfunden und nie das Gefühl gehabt, einen technischen Anstieg deshalb versemmelt zu haben. Für mich ist das der beste Kompromiss für die allermeisten Mountainbiker. Für Racer ist das optionale 0°-Setting allerdings interessant, etwa wenn man ein sehr langsames, verwinkeltes Rennen hat, bei dem der Pedalrückschlag keine Rolle spielt, man aber viel spritzig antreten muss.

Bergab unterscheidet sich die DT Swiss-Nabe bis auf den sehr lauten Freilauf in keiner irgendwie spürbaren Weise von der e*thirteen-Lösung. Mit 10° habe ich den Pedalrückschlag als eliminiert oder zumindest auf ein nicht wahrnehmbares Niveau reduziert empfunden. Während das Ochain – und vermutlich auch der Rimpact-Dämpfer, auch wenn ich diesen nie gefahren bin – das Schlackern der Kette spürbar unterdrückt und die Geräuschkulisse so senkt, kann man dasselbe von der Naben-Lösung nicht behaupten. Teilweise habe ich das Gefühl, dass die Kette damit sogar mehr schlackert, da sie die Kassette vordrehen kann und damit noch weniger gespannt ist. Abhilfe hat bei mir ein STFU geschaffen, sodass mir das persönlich auch nicht sonderlich wichtig ist.

Obwohl ich mit dem 10°-Setting recht zufrieden bin, würde ich gerne kleinere Zwischenschritte sehen – der Sprung zum 20°-Setting ist ziemlich groß. Dieses macht meiner Meinung nach vor allem am DH-Bike Sinn und dürfte für die allermeisten Trail- und Enduro-Fahrer zu groß sein. Da es sich ohnehin um ein Nachrüstkit handelt, ist die Option, zu einem späteren Zeitpunkt Ratchet-Ringe mit anderen Leerwegen anzubieten, allerdings theoretisch gegeben.
Im Vergleich
Besonders interessant ist der Vergleich zwischen DT Swiss DEG DF und der e*thirteen Sidekick-Nabe. Die Fahreigenschaften unterscheiden sich nicht spürbar – während die Sidekick-Nabe beinahe geräuschlos ist, befindet sich die DEG DF-Nabe eher am lauteren Ende des Spektrums. Theoretisch sollte die Sidekick-Nabe, die nur eine einzige permanent mitlaufende Sperrklinke hat, etwas leichter rollen als die fein gerasterten Zahnscheiben der DT-Version. Andererseits ist die DT 240-Nabe laut Herstellerangaben ganze 180 g leichter, was an der ungefederten Masse viel ist! Mir erscheinen die feinen e*thirteen-Schritte (12°, 15°, 18°) etwas sinnvoller als die grobe DT-Einteilung (10°, 20°). Dafür bietet DT Swiss die Option, ein 0°-Setting zu nutzen, das es bei e*thirteen nicht gibt. Preislich liegen beide Naben ca. gleichauf, wenn man eine DT 350 + Upgrade-Kit kauft. Sollte DT Swiss die Nabe direkt mit DEG DF-System anbieten, dürfte dieses deutlich günstiger als die e*thirteen Sidekick-Nabe ausfallen. Wer ohnehin schon eine DEG-Nabe hat, greift natürlich zum Upgrade-Kit.
Einige Unterschiede zum Ochain habe ich bereits genannt. Dass der DT Swiss DEG DF-Freilauf keine zusätzlichen Teile und keine besondere Wartung benötigt – außer der, die ohnehin jeder Freilauf braucht – das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Insbesondere die günstigeren, älteren Ochain-Modelle neigen dazu, bei regelmäßigen Schlamm-Ausfahrten recht steif und fest zu werden und benötigen dann einen Service, wofür man die Kurbel abbauen muss. Allerdings macht das Ochain ein Bike auch leiser, was beim DT Swiss DEG DF-System in unserem Fall nicht so war. Im Enduro-Einsatz finde ich den harten Eingriff der DT Swiss und e*thirteen-Naben angenehmer und effizienter, dafür wird der Leerweg in kleinen Gängen größer.
Fazit – DT Swiss DEG DF-Freilauf
Wer gerne keinen Pedalrückschlag mehr spüren möchte, allerdings keine Lust hat, sein Mountainbike um ein weiteres teures und Service-anfälliges Bauteil zu erweitern, ist mit dem DT Swiss DEG DF-Umrüstkit genau richtig bedient. Von außen lässt sich der Umbau nicht feststellen, die Nabe funktioniert wie eh und je und lässt sich sogar ohne Anti-Pedalrückschlag-Funktion fahren. Bergab sorgt das DEG DF-System für eine spürbar smoothere Fahrt, wobei das 20°-Setting eher für den reinen Downhill-Einsatz geeignet ist. Für die Zukunft wären etwas feinere Abstufungen wünschenswert.

DT Swiss DEG DF-Freilauf – Pro / Contra
Stärken
- relativ einfacher Umbau
- kein zusätzliches Gewicht
- kein zusätzlicher Service-Aufwand
- günstigste Option (wenn man eine DEG-Nabe hat)
Schwächen
- 10°-Schritte sind etwas zu grob

Testablauf
Für den Test hat DT Swiss mir einen EXC 1200-Laufradsatz mit DEG DF-Upgrade geschickt. Ich bin diesen mehrere Wochen lang in einem Stumpjumper Evo auf einer großen Variation an Strecken gefahren.
Hier haben wir die DT Swiss EXC 1200-Laufräder mit DEG DF-Freilauf getestet
- Graz: Klassische Hometrails mit eher steilen, technischen Anstiegen und ebenso steilen, teilweise recht engen Trails.
- Davos: Sehr anspruchsvolles Enduro-Gebiet in der Schweiz. Viele Höhenmeter, technisch sehr anspruchsvolle, teilweise enge und ruppige Trails.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Trail Bikes
- Vorlieben beim Fahrwerk
- ausbalanciert, Gegenhalt über die Feder, Druckstufe eher offen, mittelschneller Rebound
- Vorlieben bei der Geometrie
- eher kurz, hoher Stack, ausgewogener Sitz- und Lenkwinkel
Kommentare
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