Spot-Check: UrTrails Almühltal
Müssen es immer die Alpen sein? Klar, die Alpen sind für uns Mountainbiker so etwas wie das große Versprechen: Panorama de luxe, Trails an jedem Berg und Tiefenmeter ohne Ende. Aber mal ehrlich – oft sind sie auch einfach eine Schinderei. Stundenlang hoch keuchen und bergab dann verblockte Rinnen, die mehr Stolpern als Flow sind. Das größte Problem: Für viele von uns liegen die Alpen schlicht zu weit weg, um mal eben nach Feierabend oder am Sonntag loszuziehen. Also, was tun? Wo finde ich MTB-Trails in Deutschland, die mehr bieten als nur Schotterwege – Trails mit Flow, mit Natur und im besten Fall mit geilem Waldboden? Auf der Suche nach den besten MTB-Trails in Deutschland sind wir auf die UrTrails im Altmühltal aufmerksam geworden.

Waldboden deluxe – zwischen Donau und Altmühl
Eine Staubwolke hängt in der Luft, das Licht der Mittagssonne bricht sich darin wie in Gold. Hinter mir rollt Ludwig mit einem fetten Grinsen aus dem Wald. „Geiler Run – vor allem die Wellen. Richtig stark gepusht“, lacht er. Ich muss grinsen. Wir sind auf seinen Home Trails in Kelheim unterwegs – und die Stimmung könnte kaum besser sein. Nicht nur wegen der Bedingungen: trockene Lines, Sommerfeeling, gute Gesellschaft. Sondern auch, weil diese Trails seit Kurzem eines sind, was in Deutschland leider noch viel zu selten vorkommt: offiziell legal.

Hintergrund & Entstehung der UrTrails
Die Sache mit den legalen Trails in Deutschland ist ja so eine: Wir Biker wollen Flow, Natur und Abenteuer – Waldbesitzer und Behörden haben aber oft erstmal Fragezeichen im Gesicht, wenn’s um Trails geht. Auch in Kelheim war das lange ein Thema. Ludwig erzählt mir, dass er und die lokale Community jahrelang Überzeugungsarbeit leisten mussten.
So richtig ins Rollen kam das Projekt allerdings durch einen unschönen Zwischenfall: Jemand hatte auf einem der inoffiziellen Trails eine Nagelbrettfalle ausgelegt. Ja, richtig gelesen – ein Nagelbrett im Waldboden, gezielt gegen Mountainbiker. Ein Schockmoment für alle, der sogar den Bayerischen Rundfunk auf den Plan rief. Aber manchmal bringt selbst so eine negative Aktion etwas Gutes ins Rollen: Plötzlich war das Thema groß auf der Agenda. Politik, Behörden und Biker mussten miteinander reden.
Drei Jahre und unzählige Gespräche später dann der Durchbruch: In enger Zusammenarbeit mit Förstern, Jägern, Naturschützern, der Stadt Kelheim und einigen benachbarten Gemeinden entstand unter Obhut des Tourismusverbands ein offizielles Konzept. Heute gibt es hier fünf ausgeschilderte Runden mit insgesamt rund 100 Kilometern Strecke – mehr als die Hälfte davon auf echten Naturtrails. Und das Beste: Alles legal, alles offiziell, alles mit Rückendeckung der Behörden.
Für mich fühlt sich das an wie ein kleiner Meilenstein: MTB-Trails in Bayern, die nicht heimlich im Wald angelegt sind, sondern auf eine Art, die allen was bringt.

Video: UrTrails Almühltal
Aufbruch in Kelheim – mit der Zille ins Abenteuer
Der Morgen in Kelheim fühlt sich fast filmreif an. Wir rollen vom Stadtzentrum hinunter zur Donau. Die Vorfreude ist groß. Am Anleger wartet schon die Zille – ein flaches Holzboot mit Außenborder, das uns samt Rädern durch den Donaudurchbruch zum Kloster Weltenburg bringt. Vor uns das Kloster, hinter uns die Kuppel der Befreiungshalle. Die Region ist auch dank ihrer Kultur einen Besuch wert.
Während wir uns in der Zille über die Donau schippern lassen, erzählt Ludwig von seinen Erfahrungen. Er ist Ex-Profi, trainiert die lokale Jugend und gilt als Szene-Kenner. Früher hat er beim BIKE-Magazin Kampagnen wie „Love Trails – Respect Rules“ angeschoben, heute steckt er seine Energie in den Verein RSC Kelheim. Mit Behörden, Förstern, Jägern und unzähligen Ehrenamtlichen hat er daran gearbeitet, dass es die UrTrails überhaupt gibt.
Mit glänzenden Augen erzählt er, während wir durchs „Kelheimer Märchenwäldchen“ pedalieren: „Hier ist es perfekt zum Biken. Nicht zu steil – dadurch weniger Bremswellen, mehr Flow.“ Ich nicke. Noch rollen wir auf breiten Forstwegen. Aber ich weiß: Gleich geht’s in den ersten Trail – und dann wird es spannend.

Flow pur auf dem „FlowJoe“
Der Einstieg kommt fast unscheinbar. Ein kleiner Pfad biegt vom Forstweg ab, zwischen Farn und Kiefern verschluckt uns der Wald. Doch kaum rollen die Reifen auf den schmalen Streifen Waldboden, ist klar: Das hier ist kein Zufall, sondern mit Liebe gebaut.
Der FlowJoe fühlt sich an wie ein Handschmeichler – sanfte Anlieger, kleine Wellen, perfekt genutzte Mulden und Kuppen. Nichts wirkt künstlich oder übertrieben geshaped. Kein Bikepark-Overkill, kein Schotter, der dir die Zähne klappern lässt. Stattdessen: natürlicher Waldboden, Grip satt und eine Linie, die dich förmlich in den Flow hineinzieht.
Ludwig schaut zurück und ruft: „Hier brauchst du kaum bremsen!“ – und er hat recht. Der Trail zieht sich elegant den Hang hinunter, du kannst dich von Anlieger zu Anlieger tragen lassen, ohne dass die Linie jemals bricht. Genau das ist es, was für mich gute MTB Trails ausmacht: Sie fügen sich ins Gelände, statt dagegen zu arbeiten.
Am Ende spuckt uns der FlowJoe fast direkt am Stadtrand von Kelheim aus. Breites Grinsen, Herzschlag hoch, Hände kurz ausgeschüttelt. Und das Beste: Wer mehr will, kurbelt einfach wieder hoch.

Trail-Info: FlowJoe (UrTrails Altmühltal)
- Länge: ca. 1,2 km
- Höhenmeter: rund 120 hm
- Charakter: verspielt, flowig, naturnah gebaut
- Schwierigkeit: leicht bis mittel – perfekt für Einsteiger, aber auch schnell spaßig für Könner
- Besonderheit: natürlicher Waldboden, kein Brechsand, kein Bikepark-Flair – pure Natur
Fakir 2 – die Antwort auf eine dunkle Geschichte
Nach dem FlowJoe könnte man eigentlich schon zufrieden heimrollen. Aber Kelheim hält noch mehr bereit – und der nächste Trail hat nicht nur fahrtechnisch Biss, sondern auch eine besondere Geschichte.
„Jetzt kommt der Fakir 2. Und der hat seinen Namen nicht ohne Grund“, erklärt Ludwig, als wir den Einstieg erreichen. Der Name klingt erstmal schräg, fast wie ein Witz. Doch dahinter steckt ein ernster Hintergrund: Vor einigen Jahren hatte jemand auf einem inoffiziellen Trail eine Nagelfalle ausgelegt – bewusst gegen Mountainbiker. Genau dieser Vorfall brachte damals das Thema Trails überhaupt erst groß in die Öffentlichkeit. Die Konsequenz: Der alte Trail wurde geschlossen. Doch die Community hat nicht aufgegeben – und mit Behörden und Locals zusammen etwas Neues geschaffen. Der Fakir 2 ist die legale Antwort darauf.
Technisch ist er das Gegenstück zum FlowJoe: enger, steiler, mit Wurzeln und Stufen. Ein Trail, der fordert, ohne unfair zu sein. Die Linie ist clever gelegt, immer wieder kleine Herausforderungen, kurze Gegenanstiege, Passagen, die nach Balance und Fingerspitzengefühl verlangen. Jeder kann ihn fahren – aber je schneller du wirst, desto mehr zeigt er dir die Zähne.
Ich merke, wie mein Puls hochgeht, während ich die ersten verwinkelten Sektionen durchziehe. Hier geht es nicht nur ums Runterrollen, hier geht es um Technik, Präzision und Mut. Und genau das macht den Reiz aus.

Trail-Info: Fakir 2 (UrTrails Altmühltal)
- Länge: ca. 1,2 km
- Höhenmeter: rund 110 hm
- Charakter: technisch, wurzelig, eng
- Schwierigkeit: mittel bis schwer – für geübte Biker mit Technik-Fokus
- Besonderheit: entstanden als legale Antwort auf den Nagelfallen-Vorfall – Symbol für den Kampf um faire Trail-Lösungen
Gemeinschaft, Ehrenamt & die Zukunft der Trails
Am Waldrand legen wir kurz eine Pause ein. Ludwig lehnt sein Bike an einen Baum, nimmt einen Schluck aus der Flasche und fängt an zu erzählen. Nicht über den nächsten Trail, sondern über das, was die UrTrails im Kern ausmacht: Gemeinschaft.
„Wenn du willst, dass sich was ändert, musst du irgendwann anfangen“, sagt er. Und genau das hat die Kelheimer Szene getan. Keine große Show, keine Schlagzeilen, sondern viele kleine Schritte: Vereinsarbeit im RSC Kelheim, Gespräche mit Förstern, Treffen mit Jägern, Workshops mit Jugendlichen. Hier geht es nicht nur ums Fahren, sondern um Verantwortung. Um die Idee, dass Mountainbiken Teil einer Region sein kann – nicht Störfaktor.
Ich merke, wie viel Herzblut hier drin steckt. Und irgendwie spüre ich, dass es genau solche Projekte sind, die den Unterschied machen werden, wenn es um die Zukunft von MTB Trails in Deutschland geht.

Skihüttentrail – kurz, kernig, unvergesslich
Dann rollen wir zum Einstieg des Skihüttentrails. Auf der Karte wirkt er unscheinbar, gerade mal ein kurzes Stück. Aber manchmal sind es die kleinen Dinge, die den größten Eindruck hinterlassen.
Der Trail zieht sich kompakt den Hang hinab, rhythmisch, direkt, fast wie ein Stakkato. Wurzelfelder wechseln sich mit kleinen Drops ab, dazu knackige Kurven, die Präzision verlangen. Kein Trail zum gemütlich Rollenlassen – hier musst du arbeiten, aktiv fahren, jede Bewegung bewusst setzen. Aber genau das macht ihn so intensiv.
Am Ende öffnet sich der Blick. Vor uns die Donau, glitzernd in der Sonne, die Hänge voller Wald, das Gefühl: „Genau deshalb fahren wir Bike.“ Ich grinse – und sehe Ludwig neben mir mit dem gleichen Ausdruck im Gesicht.

Trail-Info: Skihüttentrail (UrTrails Altmühltal)
- Länge: ca. 0,8 km
- Höhenmeter: rund 80 hm
- Charakter: kurz, kernig, technisch-verspielt
- Schwierigkeit: mittel – fordert aktives Fahren
- Besonderheit: intensive Linie mit Aussicht am Ende – perfekt als krönender Abschluss einer Runde
Weitere Impressionen der UrTrails
Fazit – ein Mikro-Abenteuer im Herzen Bayerns
Die UrTrails Altmühltal sind eine willkommene Abwechslung zu den vielen gebauten Strecken, die oft mit Brechsand wetterfest gemacht werden. Hier ist alles naturbelassen – und genau das macht den Unterschied. Trotz moderatem Gefälle holen die Lines das Maximum aus den Höhenmetern heraus: Einsteiger und Kids finden spielerische Abfahrten mit hohem Spaßfaktor, während geübte Biker einfach die Bremsen aufmachen und durch Tempo das Level nach oben schrauben.
Doch die Trails sind nur ein Teil des Erlebnisses. Die Region rund um Kelheim bietet perfekte Bedingungen für kleine Mikro-Abenteuer. Wer am Wochenende raus will, findet hier eine Kombination aus Flow, Natur und Kultur. Ein Highlight ist die Fahrt mit der Zille durch den Donaudurchbruch – Pflichtprogramm für jeden Besucher. So wird das Altmühltal zur kurzweiligen Destination, die Biker genauso begeistert wie Familien.
Habt ihr den UrTrails schon einen Besuch abgestattet?
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3 Kommentare
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Spot-Check – UrTrails Altmühltal: Ein verstecktes Juwel?
Habt ihr den UrTrails schon einen Besuch abgestattet?
Sehr coole Reihe, bin gespannt was da noch kommt 👍👍
Kenne die Trails, ganz nett, aber bestimmt mit so einer Beschreibung deutlich übertrieben dargestellt, da hat Kelheim ganz andere Trails zu bieten und das wissen viele MTBler auch. Würde sie eher nette Basic-Flowtrails nennen, die natürlich okay sind. Legal waren sie auch vorher schon, jetzt sind die halt offiziell, naturbelassen ist nur der Skihüttentrail und der ist auch keine 800 Meter lang.
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