ZIV-Vorstandsmitglied Claus Fleischer im Interview Darum geht’s beim E-Bike-Leistungslimit

Claus Fleischer ist CEO von Bosch eBike Systems – und als einer von sieben Vorständen des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) auch einer der zentralen Köpfe hinter der aktuellen Diskussion um die angestrebte Leistungsbegrenzung bei E-Bikes. Im Interview mit eMTB-News.de spricht er offen über Lobbyarbeit, drohende Überregulierung, die 750-Watt-Grenze – und warum es aus Sicht der Verbände nicht darum geht, etwas zu verbieten, sondern die Freiheit des E-Mountainbikes zu schützen.

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Hintergrund: Warum 250 Watt überhaupt?

Seit den 1990er-Jahren ist die 250-Watt-Grenze samt 25 km/h-Unterstützung ein Grundpfeiler des europäischen E-Bike-Regelwerks. Sie ermöglicht, dass E-Bikes rechtlich als Fahrräder gelten – ohne Helm-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht. Diese Ausnahme von der Typgenehmigung schützt den freien Zugang zu Rad- und Waldwegen.

Doch mit steigender Motorleistung, Tuningproblemen und neuen Marktteilnehmern gerät diese Balance ins Wanken.

ZIV: „Wir wollen schützen – nicht verbieten“

Claus Fleischer betont: Die aktuelle Diskussion um eine freiwillige Leistungsbegrenzung auf 750 Watt Maximalleistung sei kein Angriff auf Innovation – sondern eine Schutzmaßnahme:

„Wir kämpfen dafür, dass das E-Mountainbike auch in Zukunft auf Trails fahren darf – ohne Typgenehmigung, ohne Kennzeichen.“

Denn: Je höher die Leistung, desto stärker verschwimmt für Behörden die Grenze zwischen Fahrrad und Kraftfahrzeug. Droht eine Neueinstufung, könnten Versicherungs- und Zulassungspflichten folgen – mit massiven Folgen für Nutzer und Hersteller.

Warum 750 Watt?

Die 750-Watt-Grenze ist kein Zufall: In den USA gilt dieser Wert bereits seit Jahren als technischer Standard. Ziel ist es, eine weltweit einheitliche Definition zu finden, die Herstellern Planungssicherheit gibt – und gleichzeitig die Tür für Innovation offen hält.

Der ZIV strebt deshalb eine europäische Harmonisierung an, die mehr Leistung erlaubt, aber den Fahrrad-Status bewahrt.

Kritik aus der Community – berechtigt?

In den Foren und sozialen Medien gab es viele kritische Stimmen:

  • Ist das Ganze reine Panikmache wegen einzelner Motoren?
  • Schützt sich die Industrie selbst gegen neue Player?
  • Führt mehr Regulierung nicht zu Bürokratie und Innovationshemmnis?

Auch das hat Claus Fleischer ausführlich beantwortet – der zentrale Punkt dabei dreht sich um drohende Überregulierung von Außen:
„Es geht gar nicht um den Wettbewerb der Hersteller und die Kuchenstücke des Marktkuchens neu aufzuteilen. Es geht darum, ob der ganze Kuchen in den Mülleimer fliegt.“

Trailzugang, Waldgesetz & Image

Ein zentrales Thema: Image und politischer Einfluss.
Wenn E-Bikes als E-Mopeds wahrgenommen werden, wächst der Druck durch Umwelt-, Forst- und Jagdverbände. Gleichzeitig laufen auf Bundes- und Landesebene Gesetzesinitiativen, die den Zugang zu Trails beschränken könnten.

„Wenn der Eindruck entsteht, dass wir mit 1000-Watt-Motoren durch den Wald brettern, wird das zu Problemen führen.“

Die Zukunft des E-Bikes: Innovation trotz Limit?

750 Watt seien keine Innovationsbremse, sondern ein Kompromiss. Laut Fleischer gibt es zahlreiche andere Felder für technologische Weiterentwicklung: Effizienz, Gewicht, Reichweite, Software, digitale Features – und vor allem: die User Experience.

Fazit

Das Interview mit Claus Fleischer zeigt: Hinter der Debatte steckt deutlich mehr als ein reines „Wattwettrüsten“. Es geht um nichts Geringeres als den Erhalt der E-Bike-Freiheit, wie wir sie heute kennen.

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Was denkst du zur Leistungsbegrenzung? Ist 750 Watt eine sinnvolle Grenze oder unnötige Selbstbeschränkung?

39 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Das ist eine viel zu pauschale Aussage.
    In den USA gibt es zwar eine nationale Festlegung von bestimmten eBike Klassen und auch nationale Vorschriften was diese beispielsweise in Nationalparks dürfen, aber nicht alle Staaten haben dies übernommen und es dürfen dazu noch individuelle lokale Festlegungen getroffen werden.
    Dabei ist es aber nicht so, dass die Regelung von Moab dort üblich ist und überall gelten würde.

    Ich vermute das auch wegen diesem dadurch bestehenden Flickenteppich der Markanteil von eBikes in USA eher bescheiden ist. Ich habe gelesen, dass man bis 2030 erwartet der Marktanteil würde dann 50% übersteigen. In D wurde das schon überschritten, wir waren 2024 bei imho 53%.
    Ja, das ist ein Statement einer behördlichen Unter-Website in den USA für Moab, einem tollen MTB Gebiet, wo ebenfalls gerade weitere Verschärfungen diskutiert werden, weil Lobbygruppen gegen eBikes Stimmung machen. Wenn man es genauer wissen möchte für USA, kann man hier (CFR) nachschauen, Auszug:
    „(5) E-Bikes, wie in Absatz (j) dieses Abschnitts definiert:
    (I) Während der Verwendung auf Straßen und Wegen, auf denen mechanisierte, nicht motorisierte Nutzung erlaubt ist;
    (Ii) die in einer Weise verwendet werden, bei der der Motor das E-Bike nicht ausschließlich über einen längeren Zeitraum antreibt; und
    (Iii) Wenn der bevollmächtigte Beamte im Rahmen einer Entscheidung über die Landbenutzung oder die Umsetzung ausdrücklich festgestellt hat, dass E-Bikes genauso behandelt werden sollten wie nicht motorisierte Fahrräder; und…..“

    Also ohne formelle Freigabe keine Nutzung gestattet, im Land of the Free.

    Es gibt weltweit zunehmende Diskussionen, eBikes in der Ausführung oder in der Nutzung zu limitieren, wobei ein Punkt die zunehmende Leistung ist.
    Ich hoffe in Zukunft überall fahren zu dürfen und auch ohne StVZO-Ausstattung geduldet zu werden.
  2. Das alles hat mit dem Thema hier eigentlich nichts mehr zu tun.

    Trotzdem noch eine Antwort darauf: ich hatte diese „Federal Regulation“ schon durch die vorherigen Links gefunden. Mir fehlt aber schlicht das grundlegende Wissen darüber, wie diese Regelungen abgefasst sind und verstanden werden müssen.
    Konkret fehlt mit bei den zitierten Punkten (i) bis (iii) die Info ob diese mit einem ungeschriebenen „und“ bzw. „oder“ verknüpft sind.


    Zum ZIV:
    Wenn es wirklich Probleme mit dem Auseinanderdriften der erlaubten Nenndauerleistung von 250W und der inzwischen möglichen Spitzenleistung geben sollte, muss das gesamte Regelwerk überarbeitet werden, anstatt nur etwas dazu zu flicken. Natürlich liegt es da dann in der Natur der Sache, das man annimmt hier würde Lobbyarbeit betrieben. Umso nachvollziehbarer müssen natürlich die Begründungen für eine notwendige Überarbeitung sein. An der Stelle habe ich aber noch Probleme zu verstehen warum die vorgeschlagenen Lösungen unbedingt notwendig sind.
    Dazu sollten aber zuerst die Marktüberwachungsbehörden tätig werden und prüfen ob die jetzigen Motoren überhaupt die aktuellen Vorschriften erfüllen.

  3. Nicht primär weil der DJI alles bekannte übertrifft, sondern weil das Teil einfach chinesisch ist.
    Nein das hat für mich keine Bedeutung. Wenn ich DJI durch XYZ und China durch Südtahiti ersetze, bleibe ich trotzdem bei meiner Meinung.
    XYZ schätzt halt die Politik in D/EU und deren Regulierungswut falsch ein und drängt mit simpler PS Erhöhung in den Markt.

    @Jon Chickenway
    Das kann ich nur insoweit für mich beurteilen, das ich trotz aller D/EU Regulierungen nicht mit dem chinesischen Gesellschafts und Politiksystem tauschen möchte. Aber das gehört hier nicht her.

    ... und wenn in dem zunem Fass ein 10 Jahre alter südhessicher Merlot lagert, bin ich schon zufrieden.smilie
  4. Die alten Sachsmotoren mit 120 nM waren soweit Nische, das die ganz tief unter dem Radar geflogen sind.
    Die Sachs/BMZ haben 112 Nm wenn ich mich nicht irre. Etliche Jahre davor gab es bereits den TQ120S mit nach wie vor am meisten Spitzenleistung. Selbst der Chinamotor kommt da nicht ran. Glaubst doch selbst nicht, dass nach ~10 Jahren plötzlich weniger Spitzenleistung ein Problem wäre. China kann halt Motoren aus BY und BW preislich unterbieten, dass ist das "Problem".
  5. Das alles hat mit dem Thema hier eigentlich nichts mehr zu tun.

    Trotzdem noch eine Antwort darauf: ich hatte diese „Federal Regulation“ schon durch die vorherigen Links gefunden. Mir fehlt aber schlicht das grundlegende Wissen darüber, wie diese Regelungen abgefasst sind und verstanden werden müssen.
    Konkret fehlt mit bei den zitierten Punkten (i) bis (iii) die Info ob diese mit einem ungeschriebenen „und“ bzw. „oder“ verknüpft sind.


    Zum ZIV:
    Wenn es wirklich Probleme mit dem Auseinanderdriften der erlaubten Nenndauerleistung von 250W und der inzwischen möglichen Spitzenleistung geben sollte, muss das gesamte Regelwerk überarbeitet werden, anstatt nur etwas dazu zu flicken. Natürlich liegt es da dann in der Natur der Sache, das man annimmt hier würde Lobbyarbeit betrieben. Umso nachvollziehbarer müssen natürlich die Begründungen für eine notwendige Überarbeitung sein. An der Stelle habe ich aber noch Probleme zu verstehen warum die vorgeschlagenen Lösungen unbedingt notwendig sind.
    Dazu sollten aber zuerst die Marktüberwachungsbehörden tätig werden und prüfen ob die jetzigen Motoren überhaupt die aktuellen Vorschriften erfüllen.
    Anwalt?
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