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Brose E-Bike DM 2019
E-Bike DM oder „Würfel-DM“?

Die Brose E-Bike DM ging in die zweite Runde und wurde mit neu erdachtem Konzept in Bad Wildbad ausgetragen. Massive Probleme in der Zeitmessung brachten Chaos ins Rennen und so mancher Teilnehmer sagte: „Das ist doch eher eine Würfel-DM als ein ernster Wettkampf!“ Wir waren am Start und haben die Hintergründe und Fakten.

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5 Disziplinen – ist das Konzept schlüssig?

Kann man schon

so machen, aber …

Baboons, bekannter Rennpromoter, Macher der beliebten Rennserie Enduro One und Veranstalter der Brose E-Bike DM, interpretiert das Thema E-Bike-Rennen mit einem Fünfkampf, der verschiedene Disziplinen beinhaltet und den besten Allrounder finden soll. Ob dies die richtige Strategie ist, wollen und können wir nicht beurteilen, aktuell gibt es aber zu dieser Veranstaltung keine Alternative.

Die Disziplinen der Brose E-Bike DM

# Die Brose E-Bike DM fand 2019 in Bad Wildbad statt
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# Hier seht ihr die neuen deutschen E-Bike Meister - Stephanie Teltscher von FOCUS Bikes (Damen), Fabian Scholz vom Focus Trail Team (Herren) und Lars Willmes vom Team Bikesport Scheid -Pinkbommel (Senioren) – v.l.n.r.

Eingefleischten Mountainbikern und Radsportfans stellen sich bei der losen Zusammenreihung verschiedenster Renndisziplinen vermutlich die Nackenhaare auf, denn für jede dieser Einzeldisziplinen nutzt man in der Regel ein anderes Bike oder Setup und trainiert auch anders. In Bad Wildbad sollte beispielsweise beim Dualslalom aus einem Startgatter gestartet werden – eine sehr spezielle Form des Sprintstartes, die eingefleischte BMXer oder Fourcrosser den ganzen Winter hart trainieren. In unseren Augen sind, neben diversen anderen Aspekte, die beiden folgenden als besonders kritisch zu betrachten: Akkumanagement und Uphill-Skills kommen bei diesem Format leider gänzlich zu kurz. Zwar kann man während des Rennens den Akku nicht tauschen oder aufladen, aber wenn die geforderte Strecke die Akkukapazität nicht ausreizt, dann ist dies gänzlich sinnlos. Und zum Uphill möchten wir sagen, dass gerade dies eigentlich eine Paradedisziplin für E-MTBs ist! Hier müssen Mensch und Material extrem gefordert werden und hier reicht es nicht mal eben, eine bestehende Bikepark-Strecke hinauf zu hetzen und zwei Minisektionen über unbefestigten Waldboden abzustecken. Dies machen Veranstalter anderer Rennserien in unseren Augen deutlich besser.

Die Punktevergabe erfolgt mit Minuspunkten. Klingt unlogisch? Lasst es uns kurz erklären: In jeder Disziplin gibt es eine Zeitnahme und somit auch eine Platzierung. Platz 1 bekommt einen Minuspunkt, Platz 2 dann zwei Minuspunkte und immer so weiter. Wer am Ende des Tages in Summe aller Disziplinen die wenigsten Minuspunkte hat, der hat gewonnen.

Das Rennwochenende in Bad Wildbad

Samstags regierte das Chaos

Am Samstag herrschte schlichtweg Chaos in der Zeitnahme. Beim XC schien noch alles glatt zu laufen, aber beim Dualslalom explodierte die Bombe. Nachdem jeder Teilnehmende einen Qualilauf absolviert hatte, sollten Zweierpaare ermittelt werden, die im Finale an den Start gehen sollten. Bei den Herren waren es die 16 schnellsten, bei den Damen die schnellsten vier und bei den Senioren die schnellsten acht. Als dann bei den Damen nur zwei Starterinnen aufgerufen wurden und bei den Herren bekanntlich langsame Fahrer im Finale stehen sollten, kamen Zweifel auf und der Veranstalter musste Probleme bei der Zeitmessung eingestehen. Dies führte zu einer längeren Pause, in der man fieberhaft nach dem Problem und einer Lösung suchte.

# Massenstart in der XC-Wertung - 10 Runden waren zu bewältigen
# Die erste Hälfte ging es den Berg hinauf ...
# ... dann ging es wieder bergab
# Die Probleme mit der Zeitnahme sorgten für Frust und nahmen dem Wettkampf teilweise die Glaubwürdigkeit
# Sportident gilt als absoluter Profi in Sachen Zeitnahme ...
# ... doch bei der Brose E-Bike DM war der Wurm drin
# Frustration machte sich breit - konnte man den angezeigten Ergebnissen wirklich vertrauen?

Auch ich war von den Problemen direkt betroffen, denn, obwohl ich den Dualkurs blitzsauber hinunterfuhr und beinah waagerecht durch die Anlieger flitzte, war ich nicht gelistet. Auf Nachfrage dann die Antwort: „Ah, wir haben deine Zeit nicht. Könntest du bitte noch mal fahren?“ Ich fuhr ein zweites Mal … ich fuhr auch ein drittes Mal. Keine Endzeit! Der Dual wurde dann abgebrochen und am Sonntag wiederholt und siehe da, ich fuhr in dieser Wertung auf den 2. Platz in meiner Wertungsklasse.

„Wie kann der Veranstalter die Final-Paare bekannt geben, sie sogar schon an den Start stellen, obwohl die Zeitmessung extrem fehlerhaft war? Für mich ein absolutes Unding und für eine Deutsche Meisterschaft untragbar!“ – sagt Rico Haase, Cherfredakteur eMTB-News und passionierter E-Racer.

Noch ein Beispiel: Kurz vor der letzten Disziplin, dem Sprint, wurden vorläufige Listen ausgehangen, auf denen die Platzierung in der Gesamtwertung stand. Ein Fahrer hatte hier in der E1 (Enduro-Wertung) den ersten Platz, obwohl ihm vor unseren Augen am Start von Stage 1 die Kette riss. Da wunderten wir uns schon massiv. Aber okay, Sonntag, so wurde unermüdlich versichert, sei die Zeitnahme sicher in Ordnung. Wenig später hing das Endergebnis aus und siehe da: Eben dieser Fahrer war plötzlich auf Platz 5 in der E1-Wertung. Was war passiert?

Sonntags gab es vier Disziplinen

Am Sonntag versicherte der Veranstalter über den gesamten Renntag hinweg, dass die Zeitnahme jetzt absolut korrekt sei und alles tadellos funktioniert. Ob dies so war? Keine Ahnung, wir müssen der Technik einfach vertrauen.

Alles begann mit der Disziplin Uphill. Hierfür hatte man eine bestehende Bikepark-Strecke abgesteckt, zwischendrin zwei kurze Abschnitte durch den Wald gelegt und ließ die Teilnehmenden hinauf pedalieren. In unseren Augen kann, nein muss eine Uphill-Stage der deutschen Meisterschaft anders aussehen! Die hier abgesteckte Strecke war nicht repräsentativ.

# Andre Kleindienst versuchte seinen Titel vom Vorjahr zu verteidigen - leider hatte er am Trainingstag einen schweren Sturz und landete am Ende auf Rang 4
# Wenn man im Uphill schon anhalten muss, dann ...
# ... sollte Zeit für ein Küsschen sein
# Marc Oppermann blies im Uphill zur Attacke

Danach ging es auf die sogenannte Enduro-Prüfung. 4 Stages, die alle bergab führten, galt es schnellstmöglich zu befahren. Dass es sich hierbei um extrem grobes Geläuf handelt, wussten alle aus dem Training vom Vortag. Stage 3 war derart hart, dass man hier wahrscheinlich Downhill-Worldcup fahren könnte. Mit Enduro hatte dies wirklich wenig zu tun. Wieso wurden hier keine passenderen Sektionen eingebaut? Die darauf folgende Stage 4 setzte dem ganzen Spektakel dann die Krone auf, denn hier wurden die Maximalanzahl aller vorhandener Spitzkehren aneinander gereiht. Spitzkehren – sehr speziell und im Renntempo äußerst hart zu fahren – sind in Rennen sehr lästig, kommen aber selten vor. Hier wurden fast 20 dieser schwer zu fahrenden Dingen aneinander gereiht. Ist das schön? Manchen mag dies vielleicht tatsächlich gefallen, doch wir sind uns einig: Leute, dies geht wirklich besser!

# Im Training und im Rennen ein Team – auf dem Podest auch - Deutschlands schnellstes E-Bike Pärchen – Stephanie Teltscher und Fabian Scholz, beide auf Focus unterwegs
# Die Enduro-Stages waren wild ...
# ... und von grobem Geläuf
# In der einzigst flachen Sektion konnte Rico sich auf den Fotografen konzentrieren - und somit sah es aus, als würde er ganz souverän hindurch ballern

Die Disziplin Dualslalom, die von spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen lebt, wurde kurzerhand auf ein Einzelzeitfahren reduziert, denn genug Zeit für Finalläufe blieb nicht mehr.

Zu guter Letzt wurde der Sprint ausgetragen. Auf einer Art Pumptrack war eine sehr kurze Runde abgesteckt, die von jedem schnellstmöglich befahren werden musste. Auch dies quasi wieder ein Einzelzeitfahren. Auch wenn der Veranstalter Baboons an sein Konzept glaubt und daran festhalten will, muss auch bei dieser Disziplin die Sinnhaftigkeit ernsthaft hinterfragt werden.

# Nino Antic holte sich in dieser Disziplin den Sieg bei den Senioren
# E-Bike DM 2019 Bad Wildbad IMG 3040
# E-Bike DM 2019 Bad Wildbad IMG 3039
# Rico Haase – am Vortag vollkommen ohne Zeit – preschte am Sonntag beim Dualslalom auf Platz 2

Fünf Tipps für eine bessere DM

Ob man bei einer E-Bike DM fünf Disziplinen zusammen würfeln muss, wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass eine klare Kommunikation im Vorfeld das A und O ist. Der XC-Kurs war, so bestätigten es uns aktive XC-Racer, kein passender Kurs, der Uphill war viel zu wenig technisch und die Stages der Enduro-Wertung glichen teilweise eher ausgewachsenen Downhill-Strecken, als modernen Enduro-Strecken. Wir möchten hier klar zum Bedenken geben, dass man eigentlich für jede dieser Disziplinen in der motorlosen Wettkampfwelt unterschiedliche Bikes an den Start stellt. Niemand würde auf die Idee kommen, bei einem XC-Kurs mit 200 mm Fahrwerken an den Start zu gehen und keiner fährt mit 120 mm am Heck eine extreme Downhillpiste hinunter.

Zum Problem mit der Zeitnahme sei nur folgendes erwähnt: Wir sind hier bei der DM, der – in Worten – deutschen Meisterschaft, und nicht auf irgendeinem Wald- und Wiesenrennen. Wieso bekommt dann nicht jeder Teilnehmende zwei Transponder, damit die Zeitmessung noch sicherer wird? Und wieso wird das Rennen nicht abgebrochen, wenn die Zeiten nicht korrekt sind? Wir betonen noch einmal … es geht hier um den Titel „deutscher Meister“!

Wieso gibt es bei der DM eigentlich keine Trennung zwischen Profis und Amateuren? Unterschiedliche Wertungsklassen sind hier zu empfehlen und würden sicherlich weitere Amateure an den Start locken. Neben der körperlichen/sportlichen Verfassung möchten wir ein materialtechnisches Beispiel für die Notwendigkeit anführen: Nämlich den Akku. Samstag im Training wurden von diversen Werksteams mehrere Akkus leer gefahren, während Amateure schon rechnen mussten, wann sie mit dem Training aufhören müssen, damit sie für das Rennen den Akku noch voll bekommen. Wieso nicht einfach in der Amateurklasse den Akku auf einen limitieren und in der Profiklasse das Thema öffnen, dafür aber ein längeres Rennen austragen?

Das große Thema im Uphill ist das Gewicht. Unserer Meinung nach braucht es keine Einstufung in Altersklassen (Herren & Senioren), sondern unterschiedliche Gewichtsklassen. Ein leichter Fahrer wird immer schneller den Berg hinauf fahren als ein schwerer und hat somit deutliche Vorteile in der XC-Disziplin oder im Uphill. Man braucht sich nur folgendes Szenario vorzustellen: Man setzt einen Fahrer mit 60 kg auf das E-MTB und setzt einen mit 90 kg auf ein E-Bike – beide haben den gleichen Motor – und lässt beide eine Wiese hinauf fahren. Wer wird wohl eher oben sein? Genau, der mit 60 kg.

Als letzter Tipp: Ein professionelles Fahrerlager. Das Fahrerlager ist für Zuschauer interessant und unterstreicht den Stellenwert der Veranstaltung. Aktuell gibt es hier gar nichts!

Meinung @eMTB-News.de

E-Bike DM oder

„Würfel-DM?!“

Wir sind leidenschaftliche E-Racer und diese junge Sportart ist eine Herzensangelegenheit für uns. Auch in unserem Freundeskreis wird das Thema E-Racing kritisch betrachtet und oftmals werden wir gefragt: „E-Bike-Rennen? Braucht man das wirklich?“ Ja klar braucht man das! Aber es muss richtig gemacht werden und es muss auf die speziellen Anforderungen Rücksicht genommen werden. Wenn man diese junge Sportart, dieses zarte Pflänzchen, mit solchen Fehlern vom Wettkampf zum „Würfel-Glücksspiel“ degradiert, dann tut das dem gesamten Sport nicht gut und nimmt die Ernsthaftigkeit, die bei einer deutschen Meisterschaft herrschen sollte.

Aber bei allem Negativen, müssen wir dem Veranstalter und dem Team vor Ort auch ein Lob aussprechen, denn so eine DM zu organisieren und durchzuführen, muss auch erst einmal gemacht werden. Wir sind sicher, dass baboons die „Kinderkrankheiten“ in den Griff bekommen wird und sind auf die E-Bike DM 2020 gespannt.

Was haltet ihr vom Thema E-Racing? Würde ihr bei einem derartigen Wettkampf an den Start gehen?


Alle Artikel über die E-Bike DM findest du hier:

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