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Einer der Köpfe hinter Shimanos EP8-Antrieb
Produktmanager Pieter d’Haens im Interview

Die vergangenen Wochen standen in der E-Bike-Welt im Zeichen des neu vorgestellten Shimano EP8-Antriebs. Aber wer steckt eigentlich hinter dem neuen EP8-Motor und wie läuft die Entwicklung eines neuen Motorsystems ab? Wir haben Pieter d’Haens aus dem Shimano-Team getroffen und ihn dazu befragt.

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Hallo Pieter, vielleicht kannst du dich kurz vorstellen – du bist der Produktmanager der E-Antriebe bei Shimano. Wie wird man das?
Hallo! Ja, ich bin Pieter, 39 Jahre alt und bin mit meinem Team in der Shimano Europa-Zentrale zuständig für die Entwicklung der E-Antriebe. Wie man das wird? Ich war vorher in verschiedenen Positionen bei einem Automobilzulieferer – wir haben dort Schaltungen und Automatikgetriebe entwickelt. Das Fachliche war sehr interessant, als Fahrrad-Freak hat es mich dann aber zu Shimano gezogen und hier habe ich jetzt meinen Traumjob gefunden: wenn du Montags ins Büro kommst, erzählen alle strahlend von ihren Bike-Touren am Wochenende oder jetzt gerade wird zum Beispiel über die Tour de France diskutiert – mir gefällt die Leidenschaft zum Radfahren, die uns hier alle so verbindet.

Wie lange bist du schon dabei?
Ich bin 2016 bei Shimano eingestiegen, also vor der E8000-Vorstellung. Es ist eine spannende Zeit, die Entwicklung im E-Bereich gerade mitzuerleben und zu gestalten.

Was machst du als Produktmanager konkret? Ich dachte immer, die Entwicklung und alles drumherum findet in Japan statt?
Zusammen mit meinem Kollegen Henry machen wir hier in Europa das e-Bike Produktmanagement. Europa ist mit Abstand der größte Markt für die E-Antriebe und wir sind die Schnittstelle – oder Ohr und Stimme – zwischen uns hier in Europa und der Entwicklung und Produktion in Japan.
Wir sprechen sehr viel mit unseren Kunden hier in Europa – das können sowohl große und damit wichtige Kunden sein, als auch kleine, die besonders innovativ arbeiten. Gerade wie jetzt für den neuen Antrieb – wir sammeln Anforderungen und Wünsche auf der Kundenseite ein, beobachten selbst den Markt und kombinieren mit den Vorstellungen, die unsere Kollegen aus Japan haben, dann eine Art Schnittmenge, in welche Richtung wir dann entwickeln.

Wie kann ich mir das mit den Kunden vorstellen?
Es kann sein, dass wir Ideen bei den Kunden anteasern, ohne zu konkret zu werden und dazu dann das Feedback einholen und auf der anderen Seite nehmen wir Vorschläge, Wünsche und Anforderungen der Kunden mit und schauen dann, dass wir daraus ein rundes Gesamtpaket machen.

Bist du häufig bei deinen Kollegen in Japan vor Ort?
Ohne Covid-19 sind wir 1-2 mal vor Ort, unsere Kollegen besuchen uns dann auch hier in Europa. Gerade wenn es um Abstimmung zu Prototypen geht, müssen wir einfach vor Ort sein.

Alleine wegen der Zeitverschiebung bei Abstimmungen?
Nein, eher wenn wir Änderungen an Teilen haben oder Teile tauschen wollen. Die Sachen hin und herzuschicken dauert einfach viel zu lange. Wir sind dann beispielsweise vor Ort und machen viele Testfahrten. In Japan dürfen E-Bikes statt wie bei uns 25 nur 20 km/h fahren – wenn wir also mit Europa-Setup in Japan am Testen sind, geht das nur auf Privatgrund. Wir sind dann meist in einem Trailpark, den wir dafür mieten und in dem wir unsere fixen Runden haben. Da haben wir zum Beispiel auch die Abstimmung der unterschiedlichen Modi und Einstellmöglichkeiten herausgefahren. Das waren sehr viele Runden. Wie findest du die Abstimmung?

Wir haben probiert, auf einem supersteilen Anstieg mit losem Untergrund anzufahren – das geht jetzt extrem gut, sogar im Boost-Modus. Du trittst in das Pedal und ohne Zeitverzögerung und ohne Ruckeln kann man sehr dosiert losfahren, das fand ich eine beeindruckende Verbesserung gegenüber dem E8000.
Ja, das ist ein gutes Beispiel. Der E8000 hatte viel Power, war aber in solchen Situationen nicht so leicht zu dosieren. Der E7000 ist super zu dosieren, hat aber weniger Power als E8000. Wir wollten mit dem EP8 die perfekte Dosierbarkeit und die Power aus beiden Modellen kombinieren.

Was mir noch aufgefallen ist: Beim Erreichen der 25 km/h-Grenze fühlt es sich jetzt sehr anders an. Vorher gab es da manchmal ein Klicken oder so ein An/Aus-Gefühl – das ist jetzt komplett weg. Habt ihr da sozusagen nur die Power-Kurve oben etwas runder gemacht?
Auf der eine Seite ist es ein viel sanfterer Übergang durch die geänderte Kurve und auf der anderen Seite ist die Kupplung mechanisch jetzt komplett anders gelöst, sodass das Klicken bei den 25km/h entfallen ist.

Apropos Kupplung: Wenn ich mir das Innenleben anschaue – konntet ihr bestehende Teile weiterverwenden?
Nein, es ist alles komplett neu. Was gegenüber dem E8000 gut ist: wir haben in den vergangenen Jahren extrem viel gelernt, speziell was auch die elektrische Seite des Antriebs und der Steuerung angeht.

Wir sind ja, was unsere Geschichte angeht, kein Unternehmen mit dem Schwerpunkt auf E-Motoren. Das hat sich in den letzten Jahren geändert und wir sind jetzt extrem tief in der Materie drin und können Sachen so ganz anders angehen. Beim E8000 war vieles noch sehr modular aufgebaut und wir viel haben Know-How der Zulieferer mitgenutzt. Da sind wir jetzt viel weiter und konnten Teile sehr viel integrierter angehen, was unter dem Strich dann auch für den Gewichtsvorteil gesorgt hat. Der hat neben dem Magnesium-Gehäuse auch sehr viel mit dem integrierten Innenleben zu tun.

Zum Innenleben: Wenn man ohne zu treten auf ruppigen Strecken fährt, hört man ein Klackern, als ob ein Zug oder der Flaschenhalter lose wäre. Ich bin mehrere Bikes gefahren, bei manchen war es mehr zu hören, bei dem Orange-Fully fast gar nicht.
Also: Ich bin selbst bei meinen eigenen Bikes sehr empfindlich, was Geräusche angeht. Am EP8 ist es so, dass wir aus verschiedenen Dimensionen eine perfekte Balance herausholen müssen – zum Beispiel Gewicht, Abmessungen, Kraftentwicklung und interner Widerstand, Anforderungen an Toleranzen von Zulieferern, Montierbarkeit in der Produktion, Haltbarkeit, verbesserte Ableitung der Wärme, niedrige Geräuschentwicklung. Alle Bestandteile des Antriebs sind optimal aufeinander abgestimmt, um diese Anforderungen auf einem sehr hohen Niveau abzudecken.
Die Kombination aus all diesen Komponenten kann in machen Situationen zu einem klappernden Geräusch führen, Funktion und Haltbarkeit werden dadurch aber nicht beeinträchtigt.
In manchen Bikes ist es mehr zu hören, in manchen weniger. Zusammen mit anderen Fahrgeräuschen auf dem Trail lenkt mich das Geräusch nicht ab.

# Kaum ein Motoren-Geräusch ist zu hören am eher massiv aufgebauten E-Bike von Orange

Wird es da noch eine Verbesserung geben?
Basierend auf dem Feedback unserer Kunden schauen wir permanent, wie wir unsere Produkte verbessern können. Wir werden daher auch das Feedback zu diesem klappernden Geräusch nutzen, um unsere zukünftige Produkte noch besser zu machen.

Was für ein E-Bike fährst du selbst?
Wir sind immer am experimentieren, dafür habe ich ein schwarzes Merida E-One-Sixty als Testbike. Um täglich von A nach B zu kommen fahre ich ein Larry vs. Harry.

Danke dir für das Gespräch – möchtest du noch was loswerden?
Ja, es ist klasse, nach den ganzen Jahren der geheimen Entwicklung endlich das Produkt, an dem wir so lange gearbeitet haben, vorstellen und zeigen zu können!

# Pieter d'Haens – einer der Köpfe hinter den Shimano-Ebike-Antrieben

Weitere Informationen:

Shimano EP-8-Antrieb Vorstellung und erster Test
Fotos: Irmo Keizer / Shimano
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